- /
- Band XXII, XVII Waffenrecht
- /
- Nr. 322 Folgen eines Waffendiebstahls...
Nr. 322 Folgen eines Waffendiebstahls ohne Aufbruchspuren. Anforderung an Schlüsselaufbewahrung der Sicherheitsschränke
§§ 5, 36 WaffG; § 13 AWaffV; § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 18 JagdG ND
1. Werden Waffen aus einem Waffenschrank entwendet, ohne dass Aufbruchspuren vorliegen, indiziert dies einen Verwahrverstoß, der als relevante Prognosetatsache ein Unzuverlässigkeitsurteil tragen kann, soweit keine gegenläufigen Anhaltspunkte bestehen.
2. Der Senat lässt offen, ob er der nunmehrigen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 30. August 2023 (- 20 A 2384/20 – juris) folgt, wonach Schlüssel zu Waffen- oder Munitionsbehältnissen, soweit der Waffen- oder Munitionsbesitzer die tatsächliche Gewalt über sie nicht ausübt, in Behältnissen aufzubewahren seien, die ihrerseits den gesetzlichen Anforderungen an die Aufbewahrung der im Waffen- oder Munitionsbehältnis verwahrten Waffen und Munition genügen.
OVG Niedersachsen, Urteil vom 27.5.2024 – 11 LB 508/23
Tatbestand:
Streitgegenstand sind die Einziehung und Ungültigkeitserklärung eines Jagdscheins, der Widerruf von Waffenbesitzkarten sowie hierzu ergangene Nebenentscheidungen.
Der Kläger war Inhaber eines bis 31. März 2023 gültigen Jagdscheins und zweier Waffenbesitzkarten, in denen insgesamt neun Waffen eingetragen sind. Die Waffen lagert er in seinem Waffenschrank, der sich im Obergeschoss des von ihm bewohnten Hauses in A-Stadt befindet. Am 9. August 2022 unternahm die erwachsene Tochter des Klägers, Frau I., die mit ihrem Ehemann in einem Haus in J. -Stadt lebt, in ihrem Haus mit einem Revolver des Klägers einen Selbstmordversuch. Einen Tag zuvor hatte sie ihre Eltern in A-Stadt besucht.
Ausweislich des zu dem Vorfall erstellten Ermittlungsberichts vom 11. August 2022 erklärte der Kläger am 10. August 2022 telefonisch, er könne sich den Zugriff seiner Tochter auf die Waffe nicht erklären. Der Revolver habe sich in seinem Waffenschrank befunden. Dieser sei verschlossen gewesen. Außerdem sei „ein separater Raum für die Jagd“, also ein Raum, in dem Gegenstände für die Jagd aufbewahrt würden, ebenfalls abgeschlossen gewesen. Beide Schlüssel, sowie den Schlüssel zu einem Munitionsfach, bewahre er in einem Versteck hinter seinem Schreibtisch auf. Um an den Schlüssel zu gelangen, müsse der Schreibtisch um einen halben Meter verrückt werden. Er habe seiner Tochter die Waffe nie gegeben. Er könne sich nur vorstellen, dass seine Tochter ihn über die Jahre heimlich beobachtet und so letztlich gewusst habe, wie sie an die Waffe gelangen könne. Seine Tochter habe, nachdem sie die Waffe und wahrscheinlich ein ganzes Paket Munition entwendet habe, alles wieder so hergerichtet, dass er zunächst nichts bemerkt habe. Die Polizei nahm die Waffe in Verwahrung und meldete dem Beklagten den Vorfall am 11. August 2022. Am 1. September 2022 vernahmen der Zeuge POK D. und PHK K. von der Polizeiinspektion B-Stadt die Tochter des Klägers im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens wegen Todschlags gegen ihren Ehemann (Vernehmungsprotokoll v. 30.9.2022, Bl. 178 ff. Gerichtsakte). Am 12. Oktober 2022 vernahmen der Zeuge POK D. und PHK K. den Kläger und nahmen danach seinen Waffenschrank in Augenschein. Dem betreffenden Polizeibericht vom 14. Oktober 2022 ist zu entnehmen, dass der Kläger diverse