Nr. 167 Zur Bejagung des Fischotters

§§ 19 Abs. 1 Nr. 5; 22 Abs. 2 BJagdG; § 63 Abs. 2 BNatSchG

1. Die Regelung zum Einsatz von Nachtsichttechnik in JagdGAV BY 1983, Fassung: 2023-​08-​01, § 11a  ist materiell unwirksam.

2. Es handelt sich bei BJagdG § 19 Abs 1 Nr 5 Buchst. – jedenfalls nach materiellem Verständnis – um eine besondere artenschutzrechtliche Vorschrift des Jagdrechts, welche den artenschutzrechtlichen Bestimmungen des BNatSchG 2009 gemäß BNatSchG 2009 § 37 Abs 2 S 2 vorgeht.

3. Die Vorschriften zur Fallenkontrolle in JagdGAV BY 1983, Fassung: 2023-​08-​01, § 12a Abs. 4 Sätze 2 bis 4 sind teilweise unwirksam, nämlich insoweit als sie aufgrund der nicht ausgeschlossenen Gefahr der Selbstverletzung von Fischottern in den Lebendfallen für den Fall, dass kein elektronischer Fangmelder eingesetzt wird, die vorgesehenen Kontrollen im zeitlichen Abstand von vier Stunden nicht ausreichen, um gemäß TierSchG § 13 Abs 1 S 1 Selbstverletzungen und daraus resultierende vermeidbare Schmerzen, Leiden oder Schäden der Tiere auszuschließen..

4. Die Regelung zum Einsatz eines elektronischen Fangmelders unter den Bedingungen der JagdGAV BY 1983, Fassung: 2023-​08-​01, § 12a Abs 4 S 3 (regelmäßige Funktionsprüfungen bzw. automatische Selbstüberprüfung) ist in Kombination mit der in JagdGAV BY 1983, Fassung: 2023-​08-​01, § 12a Abs 4 S 4 vorgesehenen Pflicht zur unverzüglichen (d.h. ohne schuldhaftes Zögern erfolgenden) Fallenkontrolle bei Meldung eines Fanges voraussichtlich geeignet, unvermeidbare Schmerzen, Leiden oder Schäden der gefangenen Tiere auszuschließen.

5. JagdGAV BY 1983, Fassung: 2023-​08-​01, § 19 Abs 4 S 1 – Jagdzeit für Fischotter – ist materiell unwirksam, da durch die ganzjährige Schonzeit für Fischotter eine biologische Störung des Gleichgewichts nicht festzustellen ist. Eine Schädigung der Teichwirtschaft reicht hierfür nicht.

Bay. VGH, Beschluss vom 24. Mai 2024 – 19 NE 23.1521 –

Tatbestand:

I.
Der Antragsteller, eine durch das Umweltbundesamt anerkannte Umweltvereinigung mit Sitz in Niedersachsen, begehrt die vorläufige Außervollzugsetzung der Verordnung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 5. Juli 2023 zur Änderung der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AVBayJG-​ÄndV, GVBl S. 487; künftig: Änderungsverordnung) betreffend die Jagd auf den Fischotter (Lutra lutra).

1. Mit der angegriffenen Änderungsverordnung wurde die Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AVBayJG) geändert und die folgenden (verfahrensgegenständlichen) Vorschriften eingefügt:

§ 11a
Nachtsichttechnik bei der Jagd auf den Fischotter

Bei der Jagd auf den Fischotter dürfen künstliche Lichtquellen, Vorrichtungen zum Anstrahlen oder Beleuchten des Ziels und Nachtzielgeräte, die einen Bildwandler oder eine elektronische Verstärkung besitzen und für Schusswaffen bestimmt sind, verwendet werden.

§ 12a
Fallen für den Lebendfang

(4) 1(…) ²Fängisch gestellte Fallen zum Fang des Fischotters sind im Abstand von vier Stunden zu kontrollieren. ³Kontrollen nach Satz 2 können entfallen, wenn die Falle über einen elektronischen Fangmelder verfügt, der betriebssicher ist und unverzüglich meldet, sobald ein Fangereignis stattgefunden hat, und die Funktionsfähigkeit mindestens einmal täglich getestet wird oder eine tägliche Selbstüberprüfung des Fangmelders gewährleistet ist. 4Im Fall der Meldung eines Fangereignisses nach Satz 3 ist die Falle unverzüglich zu kontrollieren.

§ 19
Jagdzeiten
(4) ¹Die Jagd auf den Fischotter darf ganzjährig ausgeübt werden. ²§ 3 der Artenschutzrechtlichen Ausnahmeverordnung bleibt unberührt.

Die Änderungsverordnung trat am 1. August 2023 in Kraft. An diesem Tag trat auch die Verordnung zur Ausführung der Artenschutzrechtlichen Ausnahmeverordnung vom 5. Juli 2023 (AVBayAAV, GVBl S. 485) in Kraft. Bereits am 25. April 2023 hatte die Bayerische Staatsregierung die Verordnung zur Änderung der Artenschutzrechtlichen Ausnahmeverordnung betreffend Ausnahmen für den Fischotter (BayMBl. Nr. 200) erlassen, nach der ein neuer § 3 (Ausnahmen für Fischotter) in die bestehende Artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung (AAV) eingefügt wurde

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