Nr. 89 Keine Aufhebung der Schonzeit für Rehböcke aufgrund eines lediglich zukünftig befürchteten Wildschadens

§ 22 Abs. 1 Satz 3 BJagdG; Art. 33 Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG; § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG

1. Nach dem als weitem Auffangtatbestand konzipierten § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG ist die Genehmigung der Aufhebung der Schonzeit ein Verwaltungsakt, durch den unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften des Bundesrechts, des Landesrechts oder unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Union ein anderes als in den Nrn. 1 bis 2b genanntes Vorhaben zugelassen wird.

2. Eine Schonzeitverkürzung ist formell rechtswidrig, wenn sie ohne eine Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde erfolgte, da die Erteilung einer Ausnahme von der bundesrechtlichen Jagd- undSchonzeitenregelung nach Art. 33 Abs. 5 Nr. 2 i.V.m. Abs. 3 Nr. 1 BayJG, § 22 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 2 BJagdG im konkreten Fall wesentliche Belange des Naturschutzes berühren.

3. Eine Schonzeitverkürzung setzt gewichtige Gründe voraus. Übermäßiger Wildschaden ist nur dann ein Grund, wenn er das übliche Maß von durch Wild verursachten Schäden erheblich und in einem Umfang übersteigt, dessen Hinnahme dem Geschädigten nicht mehr zuzumuten ist. Erforderlich ist hierzu, dass die übermäßigen Wildschäden nicht allein auf mangelnder Abschusserfüllung beruhen, sondern auf andere jagd- und forstliche Faktoren, denen durch zumutbare Schutzmaßnahmen nicht wirksam begegnet werden kann.

VG München, Beschluss vom 30.03.2022 – M 7 S 22.1686

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um die Aufhebung der Schonzeit für Rehböcke in Jagdrevieren des Beigeladenen.

Mit Schreiben vom 20. Januar 2022 beantragte der Beigeladene beim Antragsgegner die Verkürzung der Schonzeit für Schmalrehe und Böcke für die Jagdreviere EJR W …, EJR Wald b. W …, GJR W … … und GJR W … … für die Zeit vom 1. April 2022 bis 30. April 2022. Der Antrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass im April infolge wiederkehrender Schadensereignisse auf – oft mit EU- und Landesmitteln geförderten – aufgeforsteten Flächen Fege- und Verbisschäden entstünden.

Zudem sei das Rehwild im April sehr gut anzusprechen, was durch den klimawandelbedingten früheren Austrieb der Begleitvegetation im Mai/Juni erschwert werde. Ziel sei eine Verschiebung der Jagdzeit, das Jagdintervall solle Ende Mai auslaufen.

Der im Rahmen des Verwaltungsverfahrens angehörte Kreisjagdberater lehnte mit Stellungnahme vom 6. Februar 2022 die beantragte Schonzeitverkürzung ab, da übermäßige Wildschäden weder im Rahmen einer am 27. April 2021 erfolgten Begehung festgestellt worden noch aus dem Forstlichen Gutachten 2021 erkennbar seien und die Verbiss- und Fegeschäden durch einfache Schutzmaßnahmen, eventuelle Äsungsverbesserungen und Schwerpunktbejagung ab dem 1. Mai an schadensträchtigen Flächen vermieden werden könnten. In den Revieren des Beigeladenen würden die Abschusspläne meistens um 20 Prozent überschritten.

Das angehörte Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Töging a. Inn sprach sich in seiner Stellungnahme vom 14. Februar 2022 für die beantragte Schonzeitverkürzung aus, da auch bei Anlegung eines strengen Maßstabs die notwendigen Voraussetzungen Erforderlichkeit und übermäßiger Wildschaden gegeben seien.

Hier geht es zum Shop
Kontaktieren Sie uns!