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Nr. 310 Vorläufiger Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis trotz vermutlich zulässiger Aufbewahrung von Jagdwaffen

§§ 5; 36 WaffG

1. § 36 WaffG verbietet es nicht, in der eigenen Wohnung und dem eigenen befriedeten Besitztum seine Waffen bei sich zu tragen, solange der Waffenbesitzer die tatsächliche Kontrolle über die Waffe hat und die erforderlichen Vorkehrungen getroffen sind, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen.

2. Ist nach summarischer Prüfung der Ausgang des Verfahrens offen, aufgrund eines jedenfalls derzeit nicht feststehenden Verstoßes gegen waffenrechtliche Vorschriften eventuell erfolgreich, müssen dennoch besondere Gründe vorliegen von der gesetzlich vorgesehenen Sofortvollzugsanordnung abzusehen. 

3. Da ein Beweisverwertungsverbot im Waffenrecht nicht ausdrücklich normiert ist, ist über die Verwertbarkeit nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des verletzten Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden.

 

Bayerischer VGH, Urteil vom 16.05.2022, Az. 24 CS 22.737

Tatbestand:

1.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Widerrufs seiner Waffenbesitzkarte Nr. … und der Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins. 

Am 13. September 2021 fand an einem Nebenwohnsitz des Antragstellers in P… eine Hausdurchsuchung statt, die zur Auffindung von verschiedenen Gegenständen dienen sollte. Dem lag ein richterlicher Beschluss des Amtsgerichts P… vom 16. April 2021 zugrunde, demgemäß die Wohnung in P… durchsucht werden sollte. Aus dem Beschluss ergibt sich, dass der Antragsteller einer falschen Versicherung an Eides Statt verdächtigt worden war, weil er an Eides statt versichert hatte, er habe am 6. Januar 2021 einen Schriftsatz in den Gerichtsbriefkasten eingeworfen, obwohl das Gericht auf dem Umschlag einen Stempel vom 7. Januar 2021 angebracht hatte. 

Auf Grundlage dieses Beschlusses durchsuchte die Polizei zuerst eine Wohnung des Antragstellers in B…. Am 17. August 2021 stellte sich durch eine telefonische Nachfrage der Staatsanwaltschaft P… bei der Wachtmeisterei des Amtsgerichts P… heraus, dass der Nachtbriefkasten am 6. Januar 2021 wegen des Feiertags nicht geleert worden war, sondern erst am 7. Januar 2021 alle seit der Umschaltung des Nachtbriefkastens am 5. Januar 2021 um 23.59 Uhr eingeworfenen Schriftstücke entnommen und mit Datum 7. Januar 2021 gestempelt worden waren. Gleichwohl wurde die Polizeiinspektion P… unter dem Datum 8. September 2021 von der Staatsanwaltschaft P… um Vollzug der Wohnungsdurchsuchung in P… gebeten, was am 13. September 2021 erfolgte. Gemäß einem polizeilichen Aktenvermerk vom 20. September 2021 über die Hausdurchsuchung habe der Antragsteller vor Beginn der Hausdurchsuchung seine Wohnung verlassen und die Wohnungstüre hinter sich zugezogen. 

Nachdem die Polizisten ihm eröffnet hätten, dass ein Durchsuchungsbeschluss für seine Wohnung vorliege, habe er erklärt, dass er keinen Zutritt zur Wohnung gewähren werde und habe sich vor die Wohnungstüre gestellt. Die Polizei habe ihm daraufhin eine Kopie des Durchsuchungsbeschlusses ausgehändigt, woraufhin der Antragsteller sinngemäß meinte, eine Durchsuchung sei unzulässig, da schon seine Wohnung in B… durchsucht worden sei. Unter Protest hätten die Polizeibeamten die Wohnung gleichwohl betreten können und festgestellt, dass sich im Flur ein in einem Futteral befindliches ungeladenes Jagdgewehr der Firma Haenel befand. Nach Aufforderung habe der Antragsteller den in dieser Wohnung vorhandenen Waffentresor geöffnet, in dem sich noch eine Doppelbockflinte des Herstellers TOZ sowie sieben Schuss Munition des Kaliber 30-​06 Spring befunden hätten. Zudem hätten die Polizisten eine Blechgeldkassette auf dem Tresor, in der sich ebenfalls Munition befunden habe. Nach Rückfrage bei der Waffenbehörde habe sich herausgestellt, dass der Antragsteller als Aufenthaltsort seiner Waffen seinen Hauptwohnsitz in B… angegeben hatte. Eine dritte, in seine Waffenbesitzkarte eingetragene Langwaffe, eine Repetierbüchse der Brünner Waffenwerke, hätten die Polizeibeamten in der Wohnung in P… nicht aufgefunden. 

Ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz stellte die Staatsanwalt P… mit Verfügung vom 30. September 2021 gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein und gab das Verfahren an die Verwaltungsbehörde zur Weiterverfolgung einer Ordnungswidrigkeit ab. Der Ausgang des Ordnungswidrigkeitenverfahrens ergibt sich aus den vorgelegten Akten nicht. 

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