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- Band XXII, XVII Waffenrecht
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Nr. 308 Unzuverlässigkeit aufgrund Zugehörigkeit zu der Reichsbürgerbewegung
§ 5 WaffG
Personen, die der Reichsbürgerbewegung zugehörig sind oder sich deren Ideologie als für sich verbindlich zu eigen machen, sind waffenrechtlich unzuverlässig.
VG Potsdam 3. Kammer, Urteil vom 09.05.2022, 3 K 5987/17
Tatbestand:
Der als Jäger tätige Kläger wendet sich gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse. Ihm wurden waffenrechtliche Erlaubnisse in Gestalt von Waffenbesitzkarten am 6. Juni 1996 (Nr. 4…/96), am 2. März 1999 (Nr. 1…/99), am 11. August 2005 (Nr. 0…) und am 4. Februar 2016 (Nr. 1…) erteilt. Zudem ist er im Besitz eines Europäischen Feuerwaffenpasses (Nr. 0…).
Zuletzt waren in diesen Urkunden 16 Schusswaffen eingetragen. In den dem Jagdverband des Landes Brandenburg erteilten Waffenbesitzkarten Nr. 4… und 4… ist er als Berechtigter eingetragen.
Unter dem 14. Januar 2015 beantragte der Kläger einen Staatsangehörigkeitsausweis. Im Antragsformular nannte er als Geburtsstaat, Staat der Eheschließung und Wohnsitzstaat „Königreich Preußen“ und gab an, neben der deutschen Staatsangehörigkeit auch die Staatsangehörigkeit „in Preußen“, beide jeweils durch „Abstammung gemäß § 4 Abs. 1 RuStAG Stand 1913“ erworben zu haben. In der Anlage V (Anlage Vorfahren zum Antrag auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit) machte er entsprechende Angaben für seinen 1…in N… geborenen Vater. In einem Chat äußerte der Kläger am 9. April 2015, dass er „aus dem System aussteigen“, „mit dem Finanzamt brechen“ und seine bereits gezahlten Steuern zurückfordern werde. Mit Schreiben vom 15. April 2015 gab der Kläger seinen Personalausweis bei der zuständigen Gemeinde mit der Begründung ab, dieser sei mit dem Personalausweisgesetz nicht konform, weil darin entgegen § 5 Abs. 2 PAuswG nicht der „Familienname“, sondern der „Name“ aufgeführt sei. Zugleich erklärte er in dem mit „M… aus der Familie G…“ unterzeichnetem Schreiben, auf die Staatsangehörigkeit zur Bundesrepublik Deutschland zu verzichten und „den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen“.
Mit Bescheid vom 9. August 2017 widerrief der Beklagte die dem Kläger erteilten waffenrechtlichen Erlaubnisse (Ziffer 1) und ordnete an, dass die in den ihm ausgestellten Waffenbesitzkarten eingetragenen Waffen sowie die von ihm erworbene und in seinem Besitz befindliche Munition innerhalb von sechs Wochen unter Vorlage eines Nachweises dauerhaft unbrauchbar gemacht oder an einen Berechtigten überlassen wird. Nach § 45 Abs. 2 WaffG sei eine Waffenbesitzkarte zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen einträten, die zur Versagung hätten führen müssen. Dem Kläger fehle es an der gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG erforderlichen Zuverlässigkeit. Personen, die signalisierten, dass sie sich an die Gesetze der Bundesrepublik und die Handlungen ihrer Staatsorgane nicht gebunden fühlten, böten keine Gewähr dafür, Waffen nur unter den rechtlich vorgesehenen Voraussetzungen zu nutzen. Konkrete Verstöße gegen waffenrechtliche Vorschriften bedürfe es in diesen Fällen nicht. Personen, die – wie der Kläger – einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt hätten, könnten einen Personenkreis zugerechnet werden, dem es darum ginge, die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Legitimität infrage zu stellen. Auch aufgrund der Tatsache, dass der Kläger den Antrag entsprechend der sich an Reichsbürger gerichteten Hinweise ausgefüllt habe, müsse unterstellt werden, dass er dieser Bewegung nahe stehe und nicht gewillt sei, die Gesetze der Bundesrepublik einzuhalten. Auch der Umstand, dass er seinen Personalausweis mit dem Hinweis, den Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland aus wichtigem Grund zu kündigen, abgegeben habe, ließen keine Zweifel an dieser Annahme zu.