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Nr. 139 Jagdhund als gefährlicher Hund

§ 1 Abs. 1; § 2; § 4; § 7 HuVO SL; § 1 PolVO SL

1. Ein Beißvorfall mit erheblichen Verletzungsfolgen lässt regelmäßig auf eine besondere Schärfe desangreifenden Hundes schließen, wenn der Angriff plötzlich und unvermittelt erfolgte, ohne dass diesem eine tatsächliche, über ein bloßes Bellen hinausgehende Provokation seitens des anderen Hundes vorausgegangen

2. Eine Beschwerde im vorläufigen Rechtsschutzverfahren kann mit dem Hinweis auf Verfahrensfehler in der ersten Instanz nicht erfolgreich geführt werden, da es allein darauf ankommt, ob die Beschwerde in der Sache

begründet ist.

3. Das Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Beteiligten inhaltlich zu folgen. Ebenso wenig ist das Gericht gehalten, ein jedes

Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden.

4. § 1 der Polizeiverordnung über den Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden im Saarlanddifferenziert nicht zwischen verschiedenen Rassen, sondern stellt allein darauf ab, ob das Verhalten eines Hundes eine Gefahr für andere Tiere oder Menschen darstellt.

5. „Jagdlich geführten“ Hunden sind außerhalb der Jagd keine anderen Verhaltensweisen zuzugestehen als anderen Hunden.

 

OVG des Saarlandes, Beschluss vom 08.04.2022 – 2 B 49/22

Gründe
I.
Der Antragsteller ist Halter einer Rhodesian-Ridgeback-Hündin. Mit Bescheid vom 26.1.2022 stufte der Antragsgegner die Hündin des Antragstellers als gefährlich ein (Ziffer I), ordnete Leinen- und Maulkorbzwang an (Ziffer II), drohte dem Antragsteller bei Verstoß gegen Ziffer II ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € an und setzte dieses aufschiebend bedingt fest (Ziffer III). Zur Begründung wurde auf einen Beißvorfall am 28.12.2021 verwiesen. Dabei habe der Hund des Antragstellers zwei kleine Hunde ohne Vorwarnung gebissen und schwer verletzt. Unter Ziffer V des Bescheides wurde dessen sofortige Vollziehung angeordnet. Den am 11.2.2022 gestellten Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen diese Verfügung wiederherzustellen, wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 25.2.2022 – 6 L 152/22 – zurück. Zur Begründung ist in dem Beschluss ausgeführt, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Polizeiverfügung überwiege, weil der vom Antragsteller eingelegte Rechtsbehelf aller Voraussicht nach erfolglos bleiben werde. Die Einstufung des Hundes des Antragstellers als gefährlich im Sinne von § 1 Abs. 1 HuVO SL sei nicht zubeanstanden. Infolge des (schweren) Beißvorfalls am 28.12.2021 habe sich der Rhodesian Ridgeback des Antragstellers als bissig erwiesen. In der Sache sei es unbestritten, dass der Rhodesian Ridgeback zunächst den Nachbarshund „Rocky“ mit den Zähnen in einer Weise gepackt habe, dass dieser Bisswunden davongetragen habe, die unter Narkose versorgt und genäht hätten werden müssen. Unmittelbar danach habe sich der Hund des Antragstellers gegen den Nachbarshund „Amy“ gerichtet und diesen schwer verletzt indem er ihm unter anderem tiefe Bissverletzungen, einen Leberriss, einen Zwerchfellabriss und eine Lungenkontusion beigebracht habe. Es sei in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht notwendig, auf die Höhe der vorgelegtenTierarztrechnungen abzustellen. Vielmehr beziehe sich die Kammer für die Feststellung, dass den beiden Hunden schwere Verletzungen zugefügt worden seien, auf die Diagnosen bzw. Befunde, die durch die Rechnungen der Tierklinik Elversberg hinreichend belegt seien, und die in den Verwaltungsunterlagen enthaltenen Lichtbilder von den OP-Narben. Besonderheiten, die geeignet wären, ausnahmsweise die Annahme einer durch den Beißvorfall vom 28.12.2021 prinzipiell indizierten Bissigkeit zu entkräften, seien nicht ersichtlich. Insbesondere seien Anhaltspunkte dafür, dass der Hund des Antragstellers zu dem geschilderten Verhalten durch die anderen Hunde, ihre Halterin oder andere äußere Umstände nachvollziehbar veranlasst worden wäre, nicht erkennbar. Die insoweit vorgetrageneErklärung des Antragstellers, die beiden Hunde der Familie C. hätten seinen Rhodesian Ridgeback von der anderen Straßenseite aus durch Bellen zu diesem Verhalten provoziert, trage keine andere Bewertung. Selbst wenn man das Bellen der beiden Hunde, welches vom Antragsteller behauptet werde, als gegeben unterstelle, rechtfertige dies nicht das Verhalten des Rhodesian Ridgeback.

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