Nr. 137 Zeitlicher Beginn einer jagdrechtlichen Befriedung

§ 6a BJagdG

Die jagdrechtliche Befriedung aus ethischen Gründen kann der Grundeigentümer zum Ende des bei Antragstellung laufenden Jagdpachtvertrags verlangen. Entscheidet die Behörde erst in der Laufzeit eines neuen Jagdpachtvertrags, ist die Befriedung zum Ende des Jagdjahres anzuordnen.

BVerwG, Urteil vom. 18.06.2020, Az. 3 C 1.19

Gründe

I

Der Rechtsstreit betrifft die jagdrechtliche Befriedung – also das Ruhen der Jagd – auf einer im Eigentum des Klägers stehenden, aber zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehörenden Grundfläche aus ethischen Gründen.

Der Kläger ist Alleineigentümer des vom Streitgegenstand des Revisionsverfahrens noch betroffenen Grundstücks. Das Flurstück ist überwiegend bewaldet und hat eine Fläche von etwa 2,75 ha. Es liegt im gemeinschaftlichen Jagdbezirk einer Jagdgenossenschaft, der Beigeladenen zu 1., der eine Gesamtgröße von etwa 310 ha aufweist. Die Ausübung des Jagdrechts ist an den Beigeladenen zu 2. verpachtet.

Der Kläger ist Tierarzt; er betreibt nach eigenen Angaben mit seiner Ehefrau einen „Gnadenhof“, in dem über Tierschutzorganisationen vermittelte oder aus seiner Praxis stammende Pferde, Hunde und Katzen aufgenommen werden. Mit Schreiben vom 7. Januar 2014 – und damit unmittelbar nach Inkrafttreten der in § 6a BJagdG enthaltenen Neuregelung zur Befriedung – teilte er dem Beigeladenen zu 2. mit, dass er von den Möglichkeiten des neuen Jagdrechts Gebrauch machen wolle, und bat ihn, jegliche Jagd auf seinen Grundstücken einzustellen sowie die aufgestellten jagdlichen Einrichtungen zu entfernen. Nachdem der Beigeladene zu 2. dieses Schreiben dem beklagten Kreis – der nach Landesrecht zuständigen Jagdbehörde – zugeleitet hatte, teilte dieser dem Kläger mit Schriftsatz vom 20. Januar 2014 mit, für sein Begehren reiche eine Erklärung gegenüber dem Jagdpächter nicht aus. Erforderlich sei vielmehr ein Antrag an die untere Jagdbehörde, in dem die ethischen Gründe, aus denen die Jagd abgelehnt werde, aufgeführt werden müssten. Die Entscheidung treffe die untere Jagdbehörde nach Prüfung des Antrags und Anhörung der weiteren Beteiligten. Bis dahin verblieben die betroffenen Grundflächen weiter im gemeinschaftlichen Jagdbezirk und könnten vom Jagdpächter bejagt werden.

Einen derartigen Antrag stellte der Kläger zunächst nicht, sondern erst rund ein Jahr später; er ging dem Beklagten am 10. Februar 2015 per Telefax zu. Darin beantragte der Kläger, seine näher bezeichneten Grundstücke zum 1. April 2015 zu einem jagdrechtlich befriedeten Bezirk zu erklären. Zu seinen Motiven teilte der Kläger mit, er lehne die Jagd aus tiefster Überzeugung ab. Das Leben sei so einzigartig und wertvoll, dass es nicht sinnlos beendet werden solle. Dieser Gedanke habe ihn dazu bewogen, Tierarzt zu werden und damit dazu beizutragen, Tiere vor Leid zu bewahren. Gerade die Jagd bringe Tiere aber in große und vermeidbare Nöte. Diesen Zustand könne er auf seinen Grundstücken nicht mehr ertragen und hinnehmen. Für eine Gefährdung der in § 6a Abs. 1 BJagdG normierten Allgemeinbelange sei nichts ersichtlich, eine solche müsse im Übrigen die Behörde im Einzelfall nachweisen. Ein Zuwarten über das Ende des gegenwärtigen Jagdjahres hinaus sei ihm unzumutbar, was sich bereits aus dem schweren Gewissenskonflikt ergebe. Der Antrag sei rechtzeitig vor Ablauf des Jagdjahres gestellt. Vertragliche Gesichtspunkte zwischen dem Jagdpächter und der Jagdgenossenschaft könnten nicht dazu führen, dass die Ausübung eines Menschenrechts suspendiert werde.

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