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138. Kündigung eines Vertrages zur Vorbereitung auf die Jägerprüfung

§§ 611ff, 628 BGB

1. Einem Jägerprüfungsvorbereitungskurs liegt ein Dienstvertragsverhältnis zu Grunde.

2. Solchen Kursen, deren Ziel die Ablegung einer Prüfung ist, ist immanent, dass diese Prüfung zeitnah nach der Vorbereitung abgenommen wird. Ist dies nicht möglich berechtigt dies zur fristlosen Kündigung des Vertrages.

3. Der Verpflichtete kann aber dann gemäß § 628 Abs. 1 S. 1 BGB einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen.

 

LG Düsseldorf, Beschluss vom 6.10.2022, Az. 22 S 158/22

(entgegen AG Düsseldorf, Urteil vom 15.7.2022, Az. 44 C 227/21)

 

Gründe:

I.

Die Parteien werden auf Folgendes hingewiesen:

Die Berufung dürfte teilweise erfolgreich sein.

Der Klägerin dürfte ein Anspruch auf Rückzahlung des Kurspreises in Höhe von insgesamt 2.799,00 € abzüglich der Kosten für die in Anspruch genommenen drei Tage (374,82 €) und der Kosten für die ausgehändigten Kursmaterialien zustehen.

1.

Bei dem von der Klägerin bei dem Beklagten gebuchten Vollzeit-Intensivkurs zur Vorbereitung auf die staatliche Jagdprüfung dürfte es sich um einen Dienstvertrag gem. § 611 ff. BGB handeln. Die Bereitstellung der Unterrichtsmaterialien dürfte nur subsidiären Charakter gehabt haben. Der Schwerpunkt der vertraglichen Verpflichtung lag auf der Wissens- und Fähigkeitenvermittlung.

Die Klägerin hat mit Telefax vom 12.10.2021 den Rücktritt vom Vertrag erklärt. Diese Erklärung ist entgegen ihres Wortlautes als außerordentliche Kündigungserklärung zu verstehen. Der Begriff der Kündigung muss nicht ausdrücklich benutzt werden. Indem die Klägerin dem Beklagten anbot, sich mit einer Teilrückerstattung der Kursgebühren in Höhe von 2.400,00 € wegen der Teilnahme an drei Kurstagen einverstanden zu erklären, gab sie eindeutig zu verstehen, nicht länger am Unterrichtsvertrag festhalten zuwollen. Ein Rücktritt vom Ausbildungsvertrag ist nicht möglich. Für den Dienstvertrag wird das Recht zum Rücktritt durch abschließende Spezialregelungen im Dienstvertragsrecht ausgeschlossen (MüKoBGB/Henssler, 8. Aufl. 2020, BGB § 626 Rn. 51).

Der Klägerin stand nach vorläufiger Auffassung der Kammer ein außerordentliches Kündigungsrecht nach § 626 BGB aus wichtigem Grund zu. Ein Unterrichtsvertrag kann als Dienstvertrag nach Maßgabe des § 626 BGB fristlos gekündigt werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 24.05.1984 – IX ZR 149/83, NJW 1984, S. 2091 ff. zum Internatsvertrag.)

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Die fristlose Kündigung nach § 626 BGB setzt ein vertragswidriges oder gar schuldhaftes Verhalten des anderen Vertragspartners nicht voraus. Auch Umstände, die der andere Teil nicht zu verantworten hat, können bewirken, dass dem Kündigenden eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Allerdings scheiden als wichtiger Kündigungsgrund in der Regel solche Umstände aus, die im Rahmen des von dem Kündigenden vertraglich übernommenen Risikos liegen (BGH a.a.O. m.w.N.).

aa.

Es liegt ein wichtiger Grund „an sich“ vor.

Die Beklagte dürfte eine Pflicht aus dem Vertrag, nämlich die Möglichkeit zur Ablegung der Jagdprüfung Ende Oktober/Anfang November 2021 im Anschluss an den Kurs 8, verletzt haben. Zwischen denParteien dürfte Vertragsinhalt geworden

sein, dass die Beklagte zugesagte, dass zeitnah nach dem Intensiv-Kurs auch die Ablegung der Prüfung möglich sei.

Dies ergibt sich aus den Umständen des Vertragsschlusses und einer Auslegung des Vertragsinhaltes nach dem objektiven Empfängerhorizont.

Aus dem Anmeldeformular (Anlage K1) ergibt sich, dass in dem von der Klägerin unstreitig gezahlten Komplettpreis auch die „Prüfungsgebühren“ in den Sachkosten in Höhe von 800,00 € enthalten sein sollen. Dies spricht dafür, dass auch die Ablegung der Prüfung Vertragsinhalt werden sollte. Zudem gibt die Beklagte auf ihrem Informationsblatt „8 x Vollzeit-Intensivkurse in Düsseldorf 2021“ als Prüfungstermine den 28.10.2021 und den 02.11.2021 für den von der Klägerin gebuchten Kurs 8 an. Dass es sich dabei nur um voraussichtliche Prüfungstermine handelt, wird dabei nicht kenntlich gemacht. Auch in der Anmeldungsbestätigung (Anlage K2) heißt es „Die mündlich/praktische Prüfung findet Montag-Mittwoch nach dem Kurs statt, die Schießprüfung und die schriftliche Prüfung am darauffolgenden Donnerstag oderFreitag oder bei hoher Teilnehmerzahl am darauffolgenden Montag. Das genaue Datum für den 1. und 2. Prüfungstag unserer TeilnehmerInnen erhalten wir von der zuständigen Jagdbehörde 3 Wochen vor dem 1. Prüfungstag. Diesen teilen wir Ihnen dann unverzüglich für Ihre Planung mit.“ Auch hierin befindet sich keine „coronabedingte“ Einschränkung bzw. ein Vorbehalt dahingehend, dass eine solche Terminvergabe durch die zuständige Jagdbehörde nicht garantiert werden kann. Der Teilnehmende muss ersichtlich davon ausgehen, dass die Einhaltung dieser Termine vom Beklagten zugesichert und dementsprechend auch die Intensivkurse terminiert und geplant werden.

Insbesondere führt bei der abzulegenden praktischen Schießprüfung ein großer Abstand zwischen Kurs und Prüfung dazu, dass ggf. weitere kostenverursachende Übungsstunden notwendig werden, um die Anforderungen in der Prüfung zu erfüllen.

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